Kein Unternehmer denkt gerne darüber nach, was mit seinem Betrieb geschehen wird, wenn eine Insolvenz droht. Doch auch, wenn zur Zeit alles gut läuft, kann es nicht schaden, sich über den Ernstfall zu informieren. So ist man für schwierige Situationen, die sich eventuell in der Zukunft ergeben können, gut gerüstet. Das deutsche Insolvenzrecht sieht auch die Möglichkeit vor, unter bestimmten Voraussetzungen ein Unternehmen trotz Insolvenz weiter fortzuführen.
Insolvenzgründe
Ein Insolvenzverfahren kann nur begonnen werden, wenn Insolvenzgründe vorliegen. In erster Linie zählt dazu die Zahlungsunfähigkeit. Darunter wird sowohl bei Privatpersonen als auch bei Unternehmen die andauernde Unfähigkeit verstanden, den laufenden Zahlungsverpflichtungen in vollem Umfange nachzukommen. Bei Kapitalgesellschaften besteht ein weiterer Insolvenzgrund in der Überschuldung: Dies bedeutet, dass die Verbindlichkeiten die Vermögenswerte übersteigen. In einer Überschuldungsbilanz wird dementsprechend das Kapital auf der „falschen“ Seite, nämlich auf der Aktivseite unter dem Posten „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ ausgewiesen.
Regelinsolvenz oder Verbraucherinsolvenz?
Grundsätzlich existieren zwei verschiedene Insolvenzverfahren: Die Regelinsolvenz, die das allgemeine Verfahren zur Abwicklung einer Insolvenz darstellt und das vereinfachte Verbraucherinsolvenzverfahren für natürliche Personen. Die Regelinsolvenz ist somit das Verfahren, das bei einer Insolvenz von Unternehmen angewandt wird. Dabei kommt es zum Tragen, unabhängig davon, ob es sich bei dem Unternehmen um eine Kapitalgesellschaft (vor allem AG und GmbH) handelt oder um Personenhandelsgesellschaften, Selbständige sowie Freiberufler. Auch bei ehemals Selbständigen ist das Regelinsolvenzverfahren anzuwenden, wenn sie entweder 20 oder mehr verschiedene Gläubiger haben oder aber Gläubiger, deren Ansprüche besonders schutzwürdig sind. Dies sind ehemalige Arbeitnehmer, das Finanzamt, die Agentur für Arbeit, Sozialversicherungsträger oder auch die Berufsgenossenschaften. Auch wenn die Vermögensverhältnisse von ehemals Selbständigen sehr unübersichtlich sind, müssen sie sich dem Regelinsolvenzverfahren unterziehen. Für alle übrigen Personen, die Verbindlichkeiten aus ihrer früheren Selbstständigkeit haben, oder aber auch Privatleute ist das vereinfachte Verfahren der Verbraucherinsolvenz vorgesehen.
Ablauf des Regelinsolvenzverfahrens
Beantragung der Insolvenz
Bei juristischen Personen sind deren Vertreter, also GmbH Geschäftsführer und Vorstände einer Aktiengesellschaft, gesetzlich dazu verpflichtet, Insolvenz zu beantragen, sobald einer der oben dargestellten Insolvenzgründe vorliegt. Unterlassen sie dies oder beantragen sie die Insolvenz zu spät, machen sie sich unter Umständen des Straftatbestandes der Insolvenzverschleppung schuldig. Anders als bei Verbraucherinsolvenzverfahren muss vor der Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens kein Versuch unternommen werden, zu einer Einigung mit den Gläubigern in einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren zu kommen. Der Antrag auf Eröffnung der Regelinsolvenz ist beim zuständigen Amtsgericht zu stellen, in dessen Zuständigkeitsbereich der Schuldner seinen Wohnsitz oder den Mittelpunkt seiner betrieblichen Tätigkeit hat. Vor Eröffnung des Verfahrens prüft das Gericht, ob genug Masse zur Bestreitung der Verfahrenskosten vorhanden ist. Ist dies nicht der Fall, wird die Eröffnung abgelehnt, es sei denn, es handelt sich bei dem Antragssteller um eine natürliche Person. Diese kann die Stundung der Verfahrenskosten beantragen. Der Gesetzgeber hat diese Regelung geschaffen, um mittellosen (ehemaligen) Unternehmern das Insolvenzverfahren und damit auch die anschließende Restschuldbefreiung zu ermöglichen.
Bestellung des Insolvenzverwalters
Das Amtsgericht bestellt unverzüglich im Moment des Beschlusses der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Insolvenzverwalter. Bei diesem handelt es sich in der Regel um einen unabhängigen Rechtsanwalt. Er hat die Aufgabe, die wirtschaftliche und finanzielle Situation des Antragstellers (oder Unternehmens) zu analysieren und zu prüfen, ob es Sanierungsmöglichkeiten gibt, die Aussicht auf Erfolg haben.
Gläubigerversammlung
Dann lädt das Amtsgericht zur Gläubigerversammlung ein. Auf dieser werden alle Gläubiger vom Insolvenzverwalter über die wirtschaftliche Lage des insolventen Unternehmens oder Selbständigen informiert. Außerdem wird ihnen mitgeteilt, mit welcher Quote ihre Forderungen voraussichtlich erfüllt werden können. Der Gläubigerversammlung obliegt auch die Entscheidung, ob das Unternehmen fortgeführt werden darf oder aber zerschlagen wird und die Vermögenswerte unter den Gläubigern aufgeteilt werden sollen. Hierbei kommt es insbesondere darauf an, dass der Insolvenzverwalter die Gläubigerversammlung von einem schlüssigen Sanierungskonzept überzeugen kann.
Die Verwertung des Vermögens
Bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung der Gesellschafter beschränkt; deswegen wird bei ihnen in der Regel nur das Vermögen der Gesellschaft verwertet, um die Ansprüche der Gläubiger zu befriedigen. Ansonsten ist der Schuldner verpflichtet, sein gesamtes Vermögen und sein laufendes Einkommen, das oberhalb der Pfändungsfreigrenze liegt, zur Tilgung seiner Schulden aufwenden.
Beendigung des Insolvenzverfahrens
Sobald bei Kapitalgesellschaften das Vermögen vollständig verteilt worden ist, wird das Insolvenzverfahren vom Amtsgericht aufgehoben. Anschließend wird die Gesellschaft aus dem Handelsregister gelöscht. Natürliche Personen können eine Restschuldbefreiung beantragen. Dies setzt die erfolgreiche Absolvierung einer Wohlverhaltensphase voraus. Sie beträgt sechs Jahre, in denen jegliches Einkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenze an den Insolvenzverwalter abzuführen ist. Danach spricht das Amtsgericht die Restschuldbefreiung aus. Der Betroffene besitzt dann keinerlei Schulden mehr und kann wirtschaftlich von vorne anfangen.
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