Für die Führung eines Unternehmens ist es wichtig die Unterschiede zwischen der sogenannten Soll- und Istbesteuerung zu kennen. Man spricht auf von einer Besteuerung nach vereinbarten oder nach vereinnahmten Entgelten. Gemeint ist damit der Zeitpunkt, wann Erlöse oder Aufwendungen steuerrelevant erfasst werden Bei der Istbesteuerung kann davon ausgegangen werden, dass die steuerliche Belastung verschoben wird und somit ein Liquiditätsvorteil entsteht.
Merkmale der Sollbesteuerung
Die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten – also die Sollbesteuerung – ist die reguläre Form. Eingangsrechnungen und Ausgangsrechnungen werden zum Zeitpunkt des Ein- bzw. Ausgangs gebucht. Der Vorsteuerabzug ist mit Vorliegen einer entsprechenden Rechnung lt. §15 UStG möglich, die Umsatzsteuer ist nach §13 UStG zu buchen und bei der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung zu erklären und abzuführen. Gerade liquiditätsschwache Unternehmen haben mit dieser Form der Besteuerung häufig ein Problem, da sie die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen müssen, obwohl die Zahlung vom Kunden noch nicht eingetroffen ist.
Beispiel:
Ein Unternehmen beendet seine Lieferung am 25.03., die Rechnung wird am gleichen Tag mit einem Zahlungsziel von 30 Tagen gestellt. Die Zahlung des Kunden geht vereinbarungsgemäß am 24.04. ein.
Laut §13 Abs. 1 Nr. 1a UStG ist die Umsatzsteuer fällig „ … mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind …“. Das bedeutet, die Umsatzsteuer ist mit dem Zeitraum März anzumelden und ist am 10.04. zu bezahlen. Da der Kunde pünktlich bezahlt, hat der Lieferant einen Zeitraum von 14 Tage (10.04. bis 24.04.) finanziell zu überbrücken. Würde der Kunde erst später zahlen – was leider viel zu oft vorkommt – hat der Lieferant die Umsatzsteuer bis zum Zahlungseingang „vorzustrecken“.
Merkmale der Istbesteuerung
Bei der Istbesteuerung spricht man von der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten. Das bedeutet, dass die Umsatzsteuer erst dann fällig wird, wenn die Zahlung dazu eingeht. Dieses Prinzip ermöglicht dem Unternehmen einen erheblichen Liquiditätsvorteil.
Beispiel wie oben, aber mit Istbesteuerung:
Die Zahlung geht am 24.04. beim Lieferant ein. Die Umsatzsteuervoranmeldung ist bis zum 10.05. für den April abzugeben und zu bezahlen. Der Lieferant hat also die Umsatzsteuer vom Kunden erhalten und muss erst dann die Zahlung an das Finanzamt vornehmen. Würde der Kunde später bezahlen, schadet dies dem Unternehmen natürlich auch, aber er muss zumindest nicht die Zahlung an das Finanzamt „vorstrecken“.
Ein zusätzliches „Zuckerl“ bei der Istbesteuerung ist die Tatsache, dass der Vorsteuerabzug unabhängig von vereinbarten oder vereinnahmten Entgelten abgezogen werden darf. Das Umsatzsteuergesetz unterscheidet hier nicht, sondern verbindet den Abzug der Vorsteuer mit anderen Kriterien. Das bedeutet also, dass bereits beim Rechnungseingang die Vorsteuer abgezogen werden darf, obwohl die Zahlung erst später erfolgt.
Beispiel: Ein Händler kauft Ware, die er sofort an seinen Kunden verkauft. Die Rechnung vom Lieferant erhält er am 25.03. mit Zahlungsziel 30 Tage, so dass er die Zahlung am 24.04. vornimmt. Am gleichen Tag stellt er die Rechnung an den Kunden, der ebenfalls am 24.04. bezahlt.
Die Vorsteuer kann er mit der Anmeldung für März (Rechnungseingang) bereits in Abzug bringen, die Zahlung der Umsatzsteuer bezüglich des Erlöses ist mit der Anmeldung für April (Zahlungseingang) abzuführen.
Wer darf nach vereinnahmten Entgelten besteuern
Das Umsatzsteuergesetz sieht für die Anwendung der Istbesteuerung klare Regeln vor. So ist lt. §20 UStG die Grenze bei 500.000 € Umsatz im Vorjahr. Wer diese Umsatzgröße nicht überschreitet, kann beim Finanzamt einen formlosen Antrag stellen, der – wenn zum Unternehmen keine größeren negativen Eintragungen vorliegen – in der Regel problemlos gestattet wird.
Außerdem dürfen freiberuflich tätige Unternehmer oder Firmen, die von der Buchführungspflicht befreit sind, auf Antrag nach vereinnahmten Entgelten besteuern.
OP-Buchhaltung bei Istbesteuerung
Gerade der Einsatz von EDV in der Buchhaltung bringt in der Übersichtlichkeit von fälligen Forderungen und Verbindlichkeiten entscheidende Vorteile. Wenn nun die Buchungen aber erst bei Zahlungen vorgenommen werden, kann dieser Vorteil nicht genutzt werden, da keine offenen Forderungen oder Verbindlichkeiten (offene Posten [OP]) entstehen. Dies kann allerdings umgangen werden, wenn zwischen fälliger und nicht fälliger Umsatzsteuer entschieden wird.
Beispiel:
Bei der Erstellung der Rechnung an einen Kunden wird die Buchung des Erlöses vorgenommen und die Umsatzsteuer auf „Umsatzsteuer nicht fällig“ gebucht. Dieser Posten, und auch die dazugehörige Bemessungsgrundlage „Erlöse“, gehen somit nicht in die Umsatzsteuervoranmeldung ein. Bei Auswertungen erscheint allerdings die Rechnung als offener Posten, so dass Mahnung etc. erstellt werden können. Bei der Zahlung wird die Umsatzsteuer von „Umsatzsteuer nicht fällig“ auf „Umsatzsteuer“ vorgenommen und der Erlös wird als Bemessungsgrundlage in die Umsatzsteuervoranmeldung aufgenommen.
Die meisten Buchhaltungsprogramme können die Umbuchungen der Umsatzsteuer bei Zahlungseingang bei entsprechender Einstellung automatisch vornehmen.
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