Innergemeinschaftliche Lieferungen nehmen im Umsatzsteuerrecht eine besondere Stellung ein. Häufig wird die steuerfreie Lieferung von Waren an Kunden ins europäische Ausland gleichgesetzt mit Lieferungen in Drittländer. Das ist allerdings ganz und gar nicht so. Vielmehr sind Lieferungen ins europäische Ausland zwar unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei, gleichzeitig unterliegt jedoch der Erwerb der Umsatzsteuerpflicht. Was steckt nun genau hinter dieser etwas komplizierten Konstellation und auf was ist zu achten?
Innergemeinschaftliche Lieferung bzw. Erwerb
Der Grundsatz der Umsatzsteuer liegt bekanntlich darin, dass alle Umsätze mit dem entsprechenden Umsatzsteuersatz belastet werden. Durch den gleichzeitigen Vorsteuerabzug, die ein Unternehmer vornehmen kann, wirkt sich die tatsächliche Belastung nur bei Endverbrauchern oder Kleinunternehmer mit Umsatzsteuerbefreiung aus.
Da im europäischen Raum durch fehlende Grenzen keine Einfuhrumsatzsteuer – wie etwa in Drittländer – mehr erhoben wird, wurde im gesamten europäischen Raum ein – in den Grundsätzen gleiches – Umsatzsteuersystem eingeführt. Basis dieses System ist, dass innergemeinschaftliche Lieferung gem. §4 Nr. 1b steuerfrei sind, gleichzeitig jedoch die Umsatzsteuer beim Empfänger abgeführt werden muss. Ist der Empfänger vorsteuerabzugsfähig, ergibt sich bei ihm keine Steuerlast.
Voraussetzung dafür ist, dass:
- die Ware tatsächlich in das europäische Ausland – im Umsatzsteuerrecht als Gemeinschaftsgebiet bezeichnet – gelangt,
- der Empfänger ein Unternehmer ist und die Ware für sein Unternehmen gekauft hat oder es sich um ein Fahrzeug handelt und
- die Ware im Empfängerland mit Umsatzsteuer belastet wird.
Dass diese Voraussetzungen vorliegen, muss natürlich entsprechend nachgewiesen werden. Fehlen entsprechende Nachweise, geht das Finanzamt davon aus, dass es sich nicht um eine steuerfreie Lieferung im Sinne von §4 Nr. 1b handelt, und somit der Umsatzbesteuerung unterliegt. In der Regel hat der Unternehmer dann keine andere Möglichkeit, als die Umsatzsteuer aus „eigener Tasche“ nachzuzahlen.
Welche Nachweise sind notwendig
Ob es sich bei dem Empfänger um ein Unternehmen handelt, prüft man dadurch nach, in dem man sich die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vom Empfänger geben lässt. Diese Nummer erhält nur ein Unternehmen, das in seinem Land nicht von der Umsatzsteuer befreit ist. Die Gültigkeit der USt-IdNr. kann auf der Webseite des Bundeszentralamtes für Steuern geprüft werden. Ob der Empfänger die Ware mit Umsatzsteuer belastet, kann zwar nicht nachgeprüft werden. Dies wird allerdings anhand der zusammenfassenden Meldungen, ständig zentral kontrolliert.
Wichtig ist auch der Nachweis, dass die Ware tatsächlich ins Gemeinschaftsgebiet gelangt. Hier hat es immer wieder gesetzliche Änderungen gegeben. Zum 01.10.2013 tritt nun die aktuellste Vorschrift in Kraft. Dazu wird §17a UStDV geändert. Mit der sogenannten Gelangensbestätigung soll nun ein einheitliches Dokument Rechtssicherheit für den Nachweis bringen, wohin die Ware gesendet wurde. Die Gelangensbestätigung ist kein einheitliches Formular sondern soll zusammen mit einer Rechnungskopie aufbewahrt werden, und folgend Angaben enthalten:
- genaue Angaben des Abnehmers,
- Menge und Bezeichnung der gelieferten Warenlieferungen,
- Ort und Monat des Erhalt der Ware beim Empfänger im Gemeinschaftsgebiet,
- Ausstellungsdatum,
- Unterschrift und damit Bestätigung, dass die Ware ins übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist.
Die Gelangensbestätigung kann pro Sendung, oder wenn es sich um eine laufende Geschäftsbeziehung handelt, auch auf mehrere Sendungen innerhalb eines Quartals bezogen werden. Es ist außerdem möglich, dass das Dokument elektronisch ohne Unterschrift übersendet wird, wobei nachzuweisen ist, dass es von einem Empfänger stammt, der tatsächlich im europäischen Ausland ansässig ist.
Der Gesetzgeber lässt allerdings bei der Versendung der Ware durch den Absender oder Empfänger zu, dass eine andere Bestätigung ebensolche Gültigkeit hat. Unter Versendung versteht man, wenn ein Dritter, z.B. Spedition, Paketdienste etc. mit der Beförderung beauftragt wird.
Versandpapiere, die üblicherweise für solche Beförderungen ausgestellt werden, reichen als Nachweis aus, wenn darin die vorgeschriebenen Angaben lt. §17a Abs. 3 UStDV enthalten sind. Bei Postlieferung reicht die Übergabebestätigung an die entsprechende Poststelle, sowie der Nachweis der Bezahlung der Rechnung, sofern sich aus den beiden Belegen ein Zusammenhang ersehen lässt.
Die Gelangensbestätigung spielt also dann eine wichtige Rolle, wenn der Absender oder der Empfänger die Ware selbst transportiert. Hier sollte im Zweifel auf das vorgeschriebene Dokument zurückgegriffen werden, um bei einer Steuerprüfung Rechtssicherheit zu haben.
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