Rückstellungen

Spätestens bei Aufstellung des Jahresabschlusses, nach dem Ende des Geschäftsjahres, muss man sich mit dem Thema Rückstellungen auseinandersetzen: Zum einen ist zu prüfen, ob die im Vorjahr in der Bilanz ausgewiesenen Rückstellungen zu verbrauchen, aufzulösen, betragsmäßig anzupassen oder in unveränderter Höhe fortzuführen sind. Zum anderen ist zu untersuchen, ob sich im abgelaufenen Geschäftsjahr neue Sachverhalte ergeben haben, die die Bildung von Rückstellungen erforderlich machen.

Rückstellungen gemäß Handelsrecht

Handelsrechtlich lassen sich grundsätzlich zwei Kategorien von Rückstellungen unterscheiden: Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten oder auch Schuldrückstellungen, bei denen bilanzielle Vorsorge für Verpflichtungen gegenüber Dritten getroffen wird und Aufwandsrückstellungen, die sich lediglich auf die eigene Gesellschaft beziehen. In beiden Fällen werden Rückstellungen gebildet, um eine korrekte Periodenabgrenzung zu gewährleisten. Geschäftliche Vorgänge, die erst in späteren Geschäftsjahren wahrscheinlich oder sicher zu Belastungen führen werden, die jedoch ihre wirtschaftliche Ursache in der laufenden Periode haben, müssen in der aktuellen Periode aufwandswirksam berücksichtigt werden. Nur so wird sichergestellt, dass das Ergebnis eines Geschäftsjahres den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend ausgewiesen wird.

Verbindlichkeitsrückstellungen

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten werden dann angesetzt, wenn bei einer Verpflichtung gegenüber einem fremden Dritten hinsichtlich des Grundes, der Höhe oder der Fälligkeit Unsicherheit besteht. Allerdings muss es wahrscheinlich sein, dass es zu dieser Belastung kommt. Dies ist auch Ausdruck des Vorsichtsprinzips und des Gläubigerschutzes, um zu verhindern, dass das Bilanzvermögen zu hoch ausgewiesen wird. So werden zum Beispiel im Zusammenhang mit noch nicht abgeschlossenen Gerichtsverfahren regelmäßig Prozesskosten zurückgestellt und darüber hinaus in Fällen, bei denen mit einem negativen Ausgang des Verfahrens gerechnet werden muss, die sich aus dem Urteil ergebenden Kosten berücksichtigt (wie Schadenersatz oder Abfindungen). Da das Unternehmen auch gegenüber seinen eigenen Mitarbeitern in einem schuldrechtlichen Verhältnis steht, zählen auch die typischen Rückstellungen aus dem Personalbereich wie Urlaubsrückstellungen, Weihnachtsgeldrückstellungen sowie Rückstellungen für Überstunden zu den Verbindlichkeitsrückstellungen.

Einen gesonderten Ausweis schreibt das Handelsrecht für Pensionsrückstellungen vor. Ihre Höhe wird üblicherweise mit Hilfe von versicherungsmathematischen Gutachten ermittelt.
Auch für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung (zum Beispiel aus Gründen der Kundenpflege) erbracht werden, muss eine Rückstellung, die sogenannte „Kulanzrückstellung“ gebildet werden.
In einem separaten Bilanzposten, den Steuerrückstellungen, sind die ungewissen Verbindlichkeiten gegenüber dem Fiskus auszuweisen.

Aufwandsrückstellungen

Bei ihnen handelt es sich um reine Innenverpflichtungen ohne Verbindlichkeitscharakter gegenüber außen stehenden Dritten. Eine handelsrechtliche Passivierungspflicht besteht für die Aufwendungen aus im Geschäftsjahr unterlassenen Instandhaltungsmaßnahmen, sofern sie im Zeitraum von drei Monaten nach Ende des Geschäftsjahres nachgeholt werden sowie für nicht erfolgte Abraumbeseitigung, wenn sie im nächsten Jahr erfolgen wird.

Des weiteren besteht die Verpflichtung, Rückstellungen für Drohverluste in der Handelsbilanz anzusetzen. Bei diesen handelt es sich um Verluste, die aus schwebenden Geschäften mit einiger Sicherheit zu erwarten sind. Dieser Fall kann beispielsweise vorliegen, wenn ein verbindlicher Vertrag über die Beschaffung von Materialien zu festen Preisen geschlossen wurde, der entsprechende Marktpreis am Bilanzstichtag aber niedriger ist.

Die Bilanzierungswahlrechte, die früher bezüglich anderer Aufwandsrückstellungen bestanden (für Nachholung von unterlassener Instandhaltung innerhalb von vier bis zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag und für andere, genau bestimmte, auf das Geschäftsjahr entfallende Aufwendungen), hat der Gesetzgeber mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) seit dem 1. Januar 2010 gestrichen. Damit entfiel eine der wirkungsvollsten Möglichkeiten, Bilanzpolitik zu betreiben.

Rückstellungen gemäß Steuerrecht

Nach dem – wenn auch durch die Änderungen des BilMoG eingeschränkt – immer noch geltenden Prinzip der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz müssen Rückstellungen, die in der Handelsbilanz zu bilden sind, auch bei der steuerlichen Gewinnermittlung angesetzt werden – es sei denn, es gibt steuerliche Sonderregelungen. Somit sind prinzipiell alle Verbindlichkeits- und Aufwandsrückstellungen, die nach dem Handelsgesetzbuch anzusetzen sind, auch in der Steuerbilanz zu berücksichtigen. Allerdings ist eine wichtige Ausnahme von diesem Grundsatz zu beachten: Das Steuerrecht verbietet explizit den Ansatz von Drohverlustrückstellungen. Bei einzelnen Rückstellungen, wie beispielsweise Pensionsrückstellungen oder Jubiläumsrückstellungen, gibt es darüber hinaus Abweichungen zwischen den Voraussetzungen und auch der Höhe des handelsrechtlichen und steuerrechtliche Ansatzes – sei es aufgrund unterschiedlicher Bewertungsvorschriften, sei es aufgrund der Rechtsprechung des BFH.

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